Gelesen als: geliehenes E-Book von Onleihe.de
Erschienen: 7/2012
Toto wird in einem Land mit real existierendem Sozialismus im nördlichen Europa (welches mag das nur sein?) ohne eindeutige Geschlechtsmerkmale geboren. Von seiner alkoholabhängigen Mutter ins Kinderheim abgeschoben, wächst er dort als Außenseiter auf. Schon früh zeigt sich, dass Toto ein besonderer Mensch ist: Ihm ist jegliche Bosheit fremd. Auch schafft Toto es, nichts zu wollen oder zu erwarten. Mit der Folge, dass er durch sein Leben treibt und jede Situation so annimmt, wie sie ihm vor die Füße fällt – ohne den Wunsch, durch eigenes Zutun etwas daran zu ändern. Dieses Leben führt ihn in den anderen Teil des Landes im nördlichen Europa, nach Thailand, nach Paris …
Ich würde nicht behaupten, dass ich das Buch in allen seinen Facetten verstanden habe. Gefunden habe ich darin im hinteren Teil einen bitteren, leider gar nicht so unwahrscheinlichen Zukunftsentwurf über die Entwicklung unserer Zivilisation, den Sibylle Berg in die – unsere – unmittelbare Zukunft legt, mit Jahreszahlen von 2010 bis 2030. Außerdem findet sich einiges an Positionen im Buch wieder, die mir aus der mehr oder weniger regelmäßigen Lektüre von Frau Sibylles Kolumne auf Spiegel online bekannt sind. Wenn es weitere Ebenen in diesem Buch gibt, sind sie mir entgangen.
Letztlich wollte ich einfach nur schnell wieder raus aus dem Buch, denn das dargestellte Bild der Welt aus Totos Sicht (und manchmal aus Sicht der einen oder anderen Figur) ist durchgehend deprimierend (und genau das, was ich nach „Fault in Our Stars“ nicht wollte, aber gut).
Warum ich trotzdem bis zum Ende gelesen habe? Der Grund sind Sätze wie diese:
- Frau Hagen fühlte sich im Recht. Und damit beginnt jedes Elend auf der Welt.
- … wie konnte man das nur immerzu aushalten, all die Scheiße, die Menschen einander antun, weil sie sich im Recht glauben, das ist doch zum Aussterben.
- Das Abkommen, das jeder Bürger mit dem Staat per Geburt ungefragt schließt, beinhaltet den Verkauf der Arbeitsleistung des Individuums. Es darf als Gegenleistung mit einer lückenhaften medizinischen Versorgung, sauberem Grundwasser und Atomenergie rechnen.
- Es gibt kein Recht auf nichts in der real existierenden Evolution.
Für solche Sätze kann ich mich begeistern. Deshalb lese ich ihre Bücher und ihre Kolumne (na ja, und auch, weil sie oft Positionen vertritt, die ich für richtig halte). Ungeschlagen ist immer noch aus „Der Mann schläft“: Natürlich mochte ich die, die nicht ich waren, nur selten. Da möchte ich manchmal einfach niederknien. Dafür darf sie dann gern den Finger in die Wunde legen, anstatt mich bei meinen Eskapismusbestrebungen zu unterstützen.
Alles in allem: 4 von 5 Sternen